Baubeschrieb
Im Jahr 2001 erhielt Uster den renommierten Wakkerpreis. Die Laudatio hält fest: «Dank intelligenter planerischer und baulicher Massnahmen ist es der Stadt gelungen, sich aus der anonymen schweizerischen Agglomerationslandschaft hervorzuheben und eine eigene Identität zu schaffen.»
Diese stetige Entwicklung zur Preiswürdigkeit, welche in Fachkreisen mit zunehmendem Interesse beobachtet wurde, war kein Produkt des Zufalls. Sie wurde mit klarem politischem Willen und mit grosser planerischer Konsequenz angestrebt.
Während der Hochkonjunktur, von 1950 bis etwa 1975, machte die Stadt eine rasante Entwicklung durch. Die Einwohnerzahl nahm von gut 12 000 auf über 20 000 zu. Das erste Hochhaus, das Stadthaus, die beiden Einkaufszentren Uschter 77 und Illuster wurden gebaut, die Verkehrsachsen erweitert und das Zentrum für den motorisierten Verkehr optimal erschlossen. Die Verkehrs- und Ortsplanung befanden sich jedoch gegenüber der realen Entwicklung dauernd im Hintertreffen. Die enorme bauliche Entwicklung war dem Ruf der Stadt abträglich, und das Gefühl, von der Entwicklung überrannt worden zu sein, war am Ende dieser Epoche verbreitet.
Mitte der siebziger Jahre wurde in der Schweiz der Glaube an ein beständiges Wirtschaftswachstum erschüttert. Die abnehmende Lebensqualität in den Städten führte, zusammen mit Fragen des Umweltschutzes, zu einer massiven Wachstumskritik. Dies war auch für Uster der Ursprung einer generellen Neuorientierung.
Im Leitbild der Stadt Uster von 1976 wird eine behutsame Entwicklung zu einer Kleinstadt mit eigenem Charakter propagiert. Qualität soll den Vorrang gegenüber der Quantität erhalten. Verdichtung und Bewahrung des Bestandes in städtebaulicher Hinsicht sowie der Erhalt der Lebensqualität werden gefordert. 1977 wird mit Walter Ulmann ein Stadtplaner angestellt und in der Folge ein städtisches Planungsamt aufgebaut. Dazu werden eine stadträtliche und eine parlamentarische Raumplanungskommission geschaffen.
1984 werden der neue kommunale Gesamtplan und die Nutzungsplanung mit zugehöriger Bau- und Zonenordnung gültig. Diese enthalten den Schutz der historischen Ortskerne, eine massive Abzonung, verbunden mit der Verkleinerung der Bauzonen und einer Vergrösserung der Freihaltezonen. 1988 verabschiedet der Stadtrat eine Leitidee für Uster. Darin wird postuliert: «Uster will Stadt sein. Nicht eine Stadt, die aus allen Nähten platzt. Wohl aber ein organisch gewachsenes regionales Markt-, Kultur- und Bildungszentrum, das trotz der nahen Grossstadt seine eigene Anziehungskraft und seine eigene Ausstrahlung hat.»
Auf diesen Grundlagen wurde die Stadt durch den Stadtrat mit den Planungsvorständen Max Kolb (1978 –1986), Ludi Fuchs (1986 –1994) und Rolf Aepli (seit 1994) allmählich auf den heutigen vorbild- und preiswürdigen Stand umgestaltet. Gezielt wurden dabei gute Architektur und die Umnutzung leer stehender Industrieareale gefördert, ebenso wie der genossenschaftliche Wohnungsbau.
Sichtbare und bewunderte Resultate sind die Sanierung des Bahnhofquartiers mit dem neuen Busbahnhof, der Bereich Stadtpark – Lot – Hohfuren, wo in der aufgewerteten historischen Industrielandschaft zentrale Wohngebiete von hoher Qualität und hohem Wohnwert entstanden sind, aber auch die grosse Genossenschaftsüberbauung «Im Werk». Ein für alle sichtbares Resultat und eine Art Visitenkarte der Stadt ist auch die grosszügig und stadtverträglich umgestaltete Zürichstrasse. In naher Zukunft erfolgen mit der Zentrumsüberbauung «Kern», dem weiteren Ausbau des Quartiers Looren, aber auch mit der Ansiedlung eines Teils der kantonalen Mittelschule weitere entscheidende Schritte auf das vorgegebene Ziel hin.
Die erstaunliche Entwicklung und die vielen verschiedenen, oft hochkomplexen Projekte und Umsetzungen wurden stets, nunmehr seit mehr als 25 Jahren, vom Stadtplaner Walter Ulmann mitinitiiert und mit seltener Beharrlichkeit und grossem Geschick begleitet und mitgelenkt.
Diese Leistung möchte das Architekturforum mit der Vergabe des Baupreises.05 öffentlich machen und ehren.
Würdigung
Drei Beispiele:
Wohnen und Arbeiten in der Loren
Das bislang landwirtschaftlich genutzte Gebiet Loren soll zu einem neuen gemischten Quartier mit Wohn-, Dienstleistungs-, Gewerbe- und Industriebereich für 2000 Arbeitsplätze und Wohnraum für 800 Einwohner werden. Nach langer, dornenreicher Planungsgeschichte kann in diesem Gebiet nun gebaut werden. Erste Wohnbauten und die grosszügige Erschliessungsallee sind realisiert.
Umgestaltung der Hauptverkehrsachsen
1988 wurde die Ortsumfahrung (Autobahn) fertig gestellt. Dies war die Voraussetzung für ein wichtiges städtebauliches Anliegen: die Redimensionierung der sechsspurigen, das Zentrum durchtrennenden Zürichstrasse. Der Strassenzug soll nun den innerstädtischen Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer gerecht werden. Die Neugestaltung mit begrünten Mittelstreifen und Kreiseln verlangsamt und verflüssigt den Verkehr. Sie schafft übersichtliche Verhältnisse und Sicherheit für die Fussgänger und Radfahrer.
Aufwertung des Bahnhofgebietes
Der stark frequentierte S-Bahnhof mit dem neuen Busbahnhof und Einkaufszentrum ist ein eigentliches Tor zur Stadt. Die grosszügige Neugestaltung des Bahnhofplatzes und der Poststrasse trägt diesem Umstand ebenso Rechnung wie die fussgängerfreundliche Regelung des fahrenden und ruhenden Verkehrs, die Velostellplätze und die Möblierung des öffentlichen Raumes. Eine aus diesen Massnahmen resultierende Aufwertung des zentralen Quartiers an bester Passantenlage ist heute klar ersichtlich.



